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Kapitel 1 Allein
Das Klacken der Stifte, der grausam quietschende Ton sich immer wieder auf den
Blättern windender Radierer.. Kaum hatte sie die Augen geschlossen, so wurde
Eljylia wieder an ihren Aufenthalt im Klassenzimmer erinnert; und so sehr sie sich auch
bemühte - sie konnte dem engen Raum nicht entfliehen.
Vom Anstupsen ihrer Nachbarin, und besten Freundin Alyss wieder vollkommen in die
leidige Realität geworfen, starrte Eljylia mit zweifelndem Blick an die Tafel,
welche von jener neu erschienenen Referendarin in lustiger Heiterkeit mit Parolen
und Weisheiten beschriftet wurde. Vom leichten Zucken im Finger angeregt, hob Eljylia
ihren Arm, um eine Frage zu stellen - wurde aber mit ebenso großer Unaufmerksamkeit
der Referendarin vollkommen übersehen. Nachdem sich diese durch ein leises Husten
Eljylias endlich überreden ließ, sich umzudrehen, fauchte sie forsch: "Ja.." sie durchsuchte
noch ihren kleinen Sitzplan.. "..Fräulein Meleinas?"
Eljylia schmunzelte kurz und ließ dann den Arm langsam wieder hinuntergleiten.
"Glauben sie den ganzen Mist eigentlich, den sie dort an die Tafel schreiben? Ich meine.."
Sie brach den Satz ab, als sie das Gesicht der Referendarin ansah und eine urplötzliche
Verdunkelung in diesem feststellen musste. Die Referendarin hustete kurz, verunsichert,
da sie dies nicht erwartet hatte; "Eljylia, du verlässt bitte sofort das Klassenzimmer."
fauchte es aus der Ecke hervor, in die sich die eigentliche Lehrerin gesetzt hatte, nachdem
sie der Referendarin sämtliche Unterlagen in die Hand gedrückt hatte.
"Sofort!" schrie sie in ihrer Wut noch einmal dem jungen neunzehnjährigen Mädchen in das
grinsende Gesicht. "Nichts lieber als das" murmelte Eljylia noch vor sich hin, während sie
die schwarze, von Ringen, Nadeln und Edding-Kritzeleien ihrer Freunde verziehrte Tasche
mit ihrem Schulzeug bepackte, und dann voller Freude durch die Tür spazierte, nachdem sie
der Referendarin noch einmal mit falschem Lächeln zugewunken hatte.
Die Tür hinter ihr schloss sich.
Eljylia blickte sich um, betrachtete die vollkommen leeren Gänge mit misstrauen und ging dann
ein paar Schritte Richtung Ausgang. Sie kramte noch aus ihrer kurzen, nur bis zur taille gehenden
schwarzen Jeansjacke ein Feuerzeug und eine Zigarette heraus, und stieß dann die große Schwingtür
des Schulgebäudes beiseite um sich sogleich die Hand vor die Augen zu halten, um das grelle
Sonnenlicht, an welches man in den dunklen Schulräumen nicht gewöhnt ist, abzuhalten.
Sie suchte sich eine schattige Ecke, lehnte sich an die Wand und zündete die Zigarette voller
Vorfreude an. "Mehr wollte ich doch nicht..." seufzte sie noch in sich hinein, bevor sie
genüsslich an dem verglimmenden Stängel zog. Eljylia verzog kurz das Gesicht und brach in
ein lautes Husten aus, da sie sich an der eigenen Luft und am Rauch verschluckt hatte.
Sie warf die halbe Zigarette vor Wut in die nächste Ecke. "Verdammt..ich will doch nur meine Ruhe.."
sagte sie noch zu sich selbst, bevor sie näherkommende Schritte hörte.
Eljylia rückte noch einmal die halb rote und halb schwarze Frisur, die sie mühevoll mit
diversen Sprays und Gelen zurechtgeformt hatte und welche sich beim Husten leicht verzauste
wieder zurecht und lehnte sich dann in gelangweilter und auffälliger Pose an die Wand.
Um die Ecke kamen zwei relativ junge Herren, nicht von besonderer Pflege gekrönt, mit
abgeschorenen Haaren und einem Grinsen auf dem Lippen, als sie Eljylia sahen, für welches
sie ihnen am liebsten ihre hohen Absatzstiefel ins Gesicht gerammt hätte.
Eljylia verzog das Gesicht, als sie die beiden sah, und zog die Jacke ein wenig zusammen um ihren
Ausschnitt zu verdecken. Die beiden Männer grinsten noch breiter, als sie stehen blieben, und einer
der beiden ein paar Schritte auf Eljylia zuging, um sie auffällig anzustarren. "Na, hübsche?"
Eljylias Blick verfinsterte sich, sie rümpfte abwertend die Nase und wandte den Blick ignorierend
zur Seite. Der Mann hob seine Hand, fasste Eljylia am Kiefer und drehte ihr Gesicht zu seinem.
"Wie wär`s denn mit uns beiden, Süße? hm?" brabbelte er durch die verrottenden Zähne hindurch
in Eljylias Gesicht, welches sich nur noch mehr verzog. Eljylia grinste, spuckte dem Mann ins
Gesicht und schlug seine Hand aus. Sie entwand sich der Wand und wollte soebend anfangen, zu gehen,
als sie der Zweite Mann von Hinten packte und sie schmerzhaft festhielt. "Lass mich los, oder dein Kopf
wird bluten, Arschloch.." fauchte sie ihm in das grinsende Gesicht, während der Erste Mann sich
ihr von vorne näherte, und sie wieder anstarrte. "Du bist wunderschön..." murmelte er ihr ins Ohr,
während er ihr die Jacke vom Körper streifte und sie grob betatschte. "Weißt du, was wir jetzt mit
dir machen, Süße?" kicherte er ihr ins Gesicht, um ihr kurzerhand mit einem Ruck die Beine ausseinander-
zuziehen und seine Hand dazwischenzulegen. Eljylia fauchte dem Mann ins Gesicht, versuchte ihn
erneut anzuspucken, doch dieser wich nur grinsend aus. "Nana...wer wird denn wohl.." sabbelte
er ihr ins Ohr, um ihr dann eine leichte Ohrfeige zu verpassen. "Sei schön brav.."
Während der Herr begann, seine Hose zu öffnen, rammte Eljylia ihren Ellenbogen dem derweile leicht
abwesend lachenden Mann, der sie festhielt, ins Gesicht und löste sich von seinem Griff,
schnitt sich aber an den metallischen Armbändern des Mannes eine Wunde in die entblößte Schulter.
Der Mann, der soebend noch seine Hose hektisch hochzog, hatte sogleich die schwere Schultasche
Eljylias im Gesicht, die sie sich in der Not sofort griff und nach dem Wurf am Geschehensort
liegen ließ, um so schnell wie möglich davonzulaufen.
Als sie die fluchenden Schreie der Männer nicht mehr hörte, stützte sie sich an eine Hauswand, um
kurzerhand erschöpft an dieser hinabzusinken und sich auf den Boden zu setzen. Sie umklammerte mit
beiden Armen die mit Netzstrumpfhose bekleideten Beine und senkte den Kopf während ihr einige
Tränen aus den geschminkten Augen traten, welche jenes lilane Make-Up über die Wangen hin verliefen
ließen, um sich in den dunkelroten Lippen des Mädchens einzufinden. Eljylia war allein.
Und es war nicht das erste Mal, dass sie solches Erleben musste; Und obgleich sie ob der aufreizenden
Kleidung ein gewisses Eigenverschulden daran aufweist, so ließ sie dies immer wieder über sich
ergehen, und nicht immer mit einem Ende wie diesem. Sie hielt sich die lackierten und mit Netz
überzogenen Hände vor ihr Gesicht, und starrte dann durch die Lücken zwischen den Fingern auf den Laden,
der ihr gegenüberstand; gefüllt mit Leuten, die aus Mitleid oder aus Schaulust durch das Fenster
auf das junge Mädchen starrten, nur um dann entrüstet ob der aufreizenden und schwarz-lilanen
Kleidung den Kopf zu schütteln, anstatt ihr zu helfen und ihr Mut zuzusprechen.
Eljylia trug stets hohe Kniestiefel, welche von Lederbändern am Unterschenkel gefolgt wurden, die
sich bis zu den Netzartigen Strumpfhosen hochrankten, bis sie sich unter einem viel zu kurzem dunkel-
lilanen Rock verloren, welcher von einem schwarzen, mit Eisenringen verziehrten Gürtel gehalten
wurde. Darüber trug sie ein dunkellilanes Top, welches von ihrer schwarzen kurzen Jacke überdeckt
wurde, deren kurze Ärmel hinsicht auf das leicht abgemagerte junge Mädchen gaben. Eljylia starrte
auf ihre nackten Schultern, und fluchte kurz, als sie feststellte, dass sie ihre Jacke ebenfalls
bei den beiden Männern hat liegen lassen. Sie versuchte an der Wand Halt zu finden, stemmte sich
auf und versuchte ein paar Schritte zu gehen, die sie nur mühevoll absolvieren konnte, hatte
sie sich beim Rennen doch mehrfach den Fuß verknackst. Als sie in die Ecke bog, trat sie auf eine,
von Menschen gefüllte Straße, die das schwächliche Mädchen nur mit misstrauen und missgunst
begutachteten und mit hochgezogener Nase an ihr vorbeischnellten. Einige der Passanten waren
auch gänzlich von der Ignoranz überzogen, und rempelten sie beim eiligen vorbeihuschen unbeholfen
an, blieben kurz stehen, aus Reflex sich entschuldigen zu wollen, eilten dann aber beim Anblick
des Mädchens schnell vorbei, um nicht aus der Masse herauszustechen.
Eljylia war tatsächlich allein. Sie hinkte noch ein paar Straßen weiter, um bei ihrer Haustür halt
zu machen. Sie wollte soebend noch nach dem Schlüssel aus ihrer Jackentasche greifen, als ihr erneut das
Fehlen der Jacke einfiel, und sie seufzend bei der Nachbarin klingelte. "Jaha?" hallte es aus der
rauschenden Türsprechanlage. "..ich bin es...Eljylia.." ..eine kurze Stille folgte aus der Anlage.
"Und was will Eljylia?" fauchte die Stimme der älteren Dame forsch. "Hat die junge Frau ihren Schlüssel
nicht mitgenommen? Oder ihn gar verloren? Naja..kein Wunder. Soviel wie sie sich auf der Straße
herumtreiben..ich" sie wurde von einem Dumpfen Schlag gegen die Sprechanlage abgebrochen, den Eljylia
mit ihrer Hand auslöste, als sie versuchte nicht vor Wut zu schreien. "Machen sie mir einfach die Tür
auf...bitte." brachte Eljylia noch Zustande, bevor das Schrille Klappern des Türöffners ertönte und
das Schloss freigab. Ein leises Murmeln war noch aus der Anlage zu hören, bevor es durch ein
leises klicken verstumme.
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